Seit 2001 arbeitet die Galerie Fred Jahn direkt mit dem Nachlass, der Willi Baumeister Stiftung in Stuttgart, zusammen und widmet sich verstärkt dem zeichnerischen Werk des Künstlers. Seine Themen fand Willi Baumeister in archaischen Mythologien und fremden Kulturen, Symbolen und Zeichen. So beschäftige er sich mit prähistorischen Artefakten, Höhlenmalerei, mit asiatischer und afrikanischer Kunst. Mit dem Auftauchen des Organischen, etwa in der Mitte seiner Schaffenszeit, erschien das Thema der Metamorphose, das, angeregt von Goethes Gedicht „Die Metamorphose der Pflanze“ von 1799, auf unzählige Künstler eine große Faszination ausübte. Ähnlich wie bei Paul Klee, stehen Baumeisters Formverwandlungen in einer gedanklichen und künstlerischen Tradition, die besagt, dass natürliche und künstlerische Prozesse parallel verlaufen und dass die Natur und die Kunst gleichermaßen nach gestalterischen, inhärent logischen Gesetzen vorgehen und sich selbst organisieren.
In der Suche nach dem Ursprung der Schöpfung künstlerischer Formen, nach der „Ursituation“ also, dient das Motiv der Metamorphose auch als Ausgangspunkt für die Reflexion über das Künstlerische als solche. Sein 1947 erschienenes Buch „Das Unbekannte in der Kunst“ trägt im Titel ein Thema, das Baumeister ein Leben lang beschäftigte. In der Durchdringung dieses Stoffes fand Baumeister für die jeweiligen Werkgruppen adäquate formale wie technische Lösungen. Anfänglich noch gegenständlich und postimpressionistisch arbeitend, veränderte sich sein künstlerisches Formenvokabular zunächst zum Konstruktivistischen hin. Später traten organische Formen auf, die Arbeiten wurden malerischer, bewegter, bis er schließlich zu seinen charakteristischen Formen der Abstraktion gelangte. Er betrachtete ein formales Problem oder ein Thema von mehreren Seiten, demzufolge Baumeister sich gegebenenfalls von dem klassischen Leinwandbild löste und stattdessen als Bildträger eine Hartfaserplatte oder einen Karton verwandte. Die Texturen, die ihm bedeutend waren, erzielte er durch Verwendung von Sand, Kunstharz, Lack und Spachtelkitt.
Willi Baumeister entwickelte eine ganz persönliche, beeindruckende Bildsprache, die in der deutschen Kunst jener Jahre einzigartig ist. Er strebte nach einer Modernität in der Kunst, die inhaltlich wie formal einer neuen Geisteshaltung entsprechen sollte. In engstem Kontakt mit der Avantgarde seiner Zeit, arbeitete Willi Baumeister praktisch und theoretisch an künstlerischen Ausdrucksmitteln, die es ermöglichten, den gesellschaftlichen Umbruch widerzuspiegeln. Die Anerkennung seiner Arbeit galt im In- und Ausland gleichermaßen.
Vita
1889
Willi Baumeister wird am 22. Januar in Stuttgart geboren
1909—1913
Studium an der Königlichen Württembergischen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart
1910
Meisterschüler von Adolf Hölzel
1911
Dreimonatiges Studium am Cercle International des Beaux-Artes in Paris
1919
Mitglied der neu gegründeten Gruppe Üecht
1928
Beginn der Lehrtätigkeit an der Städelschule, Frankfurt am Main
Im Oktober Ernennung zum Professor
1933
Am 31. Januar Entlassung aus dem Frankfurter Lehramt
1937
Auslagerung von 64 Gemälden und einem größeren Konvolut von Gouachen und Zeichnungen in die Kunsthalle Basel, um sie vor möglichen Zugriffen durch die Nationalsozialisten zu schützen
1941
Zurückgezogenes, auf sich allein gestelltes Arbeiten in seinem Atelier in Stuttgart, durch Materialknappheit noch zusätzlich erschwert. Hinzu kommt das Mal- und Ausstellungsverbot, das alle von den Nationalsozialisten als ‚entartet‘ diffamierten Künstler und damit auch Baumeister betrifft
1943
Beginn der Arbeit an seinem Buch „Das Unbekannte in der Kunst“, das 1947 in einer Auflage von 5000 Exemplaren in Stuttgart erscheint
1945
Erste Nachkriegsausstellung im Foyer der Stuttgarter Kammerspiele
1946—1955
Professur an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart
Wahl zum stellvertretenden Direktor im Jahr 1951
1948
Beteiligt an einer kleinen Auswahl deutscher Gegenwartskunst für die erste Biennale in Venedig nach Kriegsende
1949
Gründungsmitglied der Künstlervereinigung „Gruppe der Gegenstandslosen“; ab 1950 „Gruppe ZEN 49“ genannt
1951
Erster Preis auf der ersten Biennale in São Paulo für das Gemälde „Kosmische Geste“
1952
- Biennale in Venedig
1954
Umfassende, von ihm selbst eingerichtete Retrospektive mit etwa 150 Bildern im Württembergischen Kunstverein, Stuttgart, anlässlich seines 65. Geburtstags
1955
documenta 1 in Kassel
Die Wiener Secession verleiht ihm die Gustav-Klimt-Ehrung
Am 31. August stirbt Willi Baumeister beim Malen in seinem Atleier in Stuttgart
Selected Solo Shows
2019
Willi Baumeister – Jahn und Jahn, München
2017
Willi Baumeister. Der Zeichner. Figur und Abstraktion in der Kunst auf Papier – Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, Berlin
Willi Baumeister. Gemälde und Zeichnungen von 1921 bis 1955 – Galerie Klaus Gerrit Friese auf der Armory Show, New York
2016
Willi Baumeister. Gemälde und Werke auf Papier 1931–1954 – Galerie Fred Jahn, München
auf papier... arbeiten von willi baumeister – Kunstmuseum Stuttgart, Stuttgart
2015
Willi Baumeister – Galerie Klaus Gerrit Friese, Berlin
2013—2014
Willi Baumeister International – Kunstmuseum Stuttgart, Stuttgart; MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst, Duisburg
2013
Willi Baumeister. Arbeiten auf Papier / Works on Paper 1923–1954 – Galerie Fred Jahn, München; Simon Theobald Ltd., London; Villa Grisebach, Berlin (Kat.)
2011—2012
Willi Baumeister. Gemälde und Zeichnungen – Museo Fundación Juan March, Palma; Kunstmuseum Winterthur, Winterthur; MART Museo d’Arte Moderna e Contemporanea di Trento e Rovereto, Rovereto
2005—2006
Willi Baumeister. Figuren und Zeichen – Bucerius Kunstforum, Hamburg; Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster; Von der Heydt-Museum, Wuppertal
2005
Willi Baumeister 1889–1955. Die Frankfurter Jahre 1928–1933 – Museum Giersch, Frankfurt am Main
2003—2004
Willi Baumeister – Museo Thyssen-Bornemisza, Sala de Exposiciones Fundación Caja, Madrid; Städtische Galerie im Lenbachhaus, München
2001—2002
Willi Baumeister. Zeichnungen und Gemälde – Galerie Fred Jahn und Galerie Fred Jahn Studio, München (Kat.)
1999—2000
Willi Baumeister et la France – Musée d’Unterlinden, Colmar; Musée d’Art Moderne, Saint-Étienne
1997—1998
Deutschlandbilder. Kunst aus einem geteilten Land – Martin-Gropius-Bau, Berlin
1995—1996
Willi Baumeister. Zeichnungen – Kupferstich-Kabinett, Dresden; Staatliche Graphische Sammlung München, München
1995
Art and Power. Europe under the Dictators 1930–45 – Hayward Gallery, London
- The End of the War – Annely Juda Fine Art, London
1991
Willi Baumeister. Malerei und Grafik – Galerie am Fischmarkt, Erfurt
1990
Willi Baumeister. Malarstwo i grafika – Muzeum Sztuki, Lodz, Polen
1989
Willi Baumeister – Nationalgalerie, SMPK, Berlin
1987
ZEN 49. Die ersten zehn Jahre. Orientierungen – Staatliche Kunsthalle, Baden-Baden
1985—1986
German Art in the 20th Century / Deutsche Kunst im 20. Jahrhundert – Royal Academy of Arts, London; Staatsgalerie Stuttgart
1985
Contrasts of Form. Geometric Abstract Art 1910–1980 from the Collection of the Museum of Modern Art, including the Riklis Collection of McCrory Corporation – The Museum of Modern Art, New York
1981—1984
Willi Baumeister 1889–1955. Gemälde, Zeichnungen – Henie-Onstad Kunstsentret, Høvikodden, Norwegen; Statens Museum for Kunst, Kopenhagen; Ateneum, Helsinki; Kunstmuseum, Turku, Finnland; Frans Hals Museum, Haarlem; Musée d’Ixelles, Brüssel; Museum van Heedendagse Kunst, Gent; Musée des Beaux-Arts, Lyon; Musée d’Art Moderne, Straßburg; Galerie des Beaux-Arts, Bordeaux; Musée de l’Etat, Luxemburg
1979
Willi Baumeister 1945–1955 – Württembergischer Kunstverein, Stuttgart
1978
Baumeister 1889–1955 – Galerie Beyeler, Basel
Willi Baumeister 1889–1955 – Leonard Hutton Galleries, New York
1977
Willi Baumeister. Bilder und Zeichnungen – Kunstverein Braunschweig, Braunschweig
1975
Willi Baumeister 1889–1955. Dessins et sérigraphies – Musée des Beaux-Arts, Lille
1973
Willi Baumeister 1889–1955 – Kulturamt der Stadt Regensburg, Donaueinkaufszentrum, Regensburg
1972
Willi Baumeister. Zeichnungen und Gouachen – Nationalgalerie, SMPK, Berlin
Willi Baumeister 1889–1955. Zeichnungen und Gouachen – Städelsches Kunstinstitut, Frankfurt am Main; Overbeck-Gesellschaft, Lübeck; Kunsthalle Tübingen, Tübingen
1971
Willi Baumeister (1889–1955) – Galleria Nazionale d’Arte Moderna, Rom
Willi Baumeister. Dokumente, Texte, Gemälde – Kunsthalle Tübingen, Tübingen
1969—1970
Willi Baumeister. Malerei und Graphik der 20er Jahre – Staatsgalerie Stuttgart, Stuttgart
1969
Willi Baumeister 1889–1955. Zeichnungen – Galerie der Stadt Stuttgart und Mannheimer Kunstverein
1966—1967
Willi Baumeister. Gemälde, Zeichnungen / Peintures, Dessins – Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen; Musée d’Art et d’Histoire de Genève, Geneva; Musée National d’Art Moderne, Paris
1965
Willi Baumeister – Akademie der Künste, Berlin
Willi Baumeister. Gemälde und Zeichnungen – Wallraf-Richartz-Museum, Köln; Badischer Kunstverein, Karlsruhe
1964
Gilgamesch – Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg
1960
Biennale, Venedig
Willi Baumeister, E.W. Nay – Kunsthalle Basel
1955
Peintures et sculptures non-figuratives en Allemagne d’aujourd’hui – Cercle Volney, Paris; Kunstmuseum Düsseldorf, Düsseldorf
documenta in Kassel
1954
Willi Baumeister – Galerie Günther Franke, München
Willi Baumeister. Œuvres récentes – Galerie Jeanne Bucher, Paris
1953—1954
Younger European Painters – The Solomon R. Guggenheim Museum, New York
1952
Willi Baumeister – Hacker Gallery, New York
Willi Baumeister (Retrospektive) – Württembergischer Kunstverein, Stuttgart
1950
ZEN 49 – Central Art Collecting Point, München
1949
Willi Baumeister – Galerie Jeanne Bucher, Paris
1947
Moderne Deutsche Kunst seit 1933 – Kunsthalle Bern, Bern