Paula Rego

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Paula Rego (1935 Lisbon – 2022 London) wurde Anfang der 1960er Jahre für ihre politischen Collagen bekannt. Ab Mitte der 1960er Jahre widmete sie sich vorrangig der Malerei, Zeichnung und Druckgrafik und entwickelte den für sie typischen magisch-realistischen Stil mit grotesken Szenerien, die von weiblichem Bildpersonal dominiert werden. Ihre Motive und Sujets entspinnen sich um Themen wie Schwangerschaft, Altern, Missbrauch, Verrat, mentales Leiden, Aggression und Unterdrückung. Charakteristisch für Regos Frauendarstellungen ist ihre physische Präsenz. Die Fleischlichkeit der festen, muskulösen, kompakt voluminösen Körperformen ist weit entfernt von einer sinnlich sexualisierten, männlichen Sicht auf den weiblichen Körper. Die Hände ihrer Protagonistinnen sind groß und stark, sie packen zu, sie tragen, sie halten, sie stützen. Die Gesichter sind kantig und ausdrucksstark. Das Spektrum an Emotionen bewegt sich von innerlicher Anspannung und Erwartung über Besorgnis, Angst, Erschöpfung, Erschrecken, Verzweiflung bis hin zu Fürsorglichkeit. Oft ist es der Blick von Regos kämpferischen Figuren, der die Betrachter*innen direkt und unmittelbar anspricht und die Komplexität der Gefühle der dargestellten Charaktere zum Ausdruck bringt.

Die Zeichnung bildet die Basis des künstlerischen Schaffens von Paula Rego. Ihre mit Blei- oder Buntstiften und in kraftvollen Strichen ausgeführten Skizzen dokumentieren die Vitalität und Spontaneität des Moments der Ideenfindung. Das druckgrafische Œuvre umfasst mehr als 280 Arbeiten in verschiedenen Radier- und Lithografietechniken. Hinzu kommen Probedrucke, nachträglich angefertigte Farbversionen ursprünglich einfarbiger Blätter, zu einem späteren Zeitpunkt überarbeitete Neuauflagen sowie handkolorierte Exemplare, die Unikate sind. 1998 entsteht eine bedeutende Gemäldereihe zum Thema Abtreibung, gefolgt von einem zehn Blätter umfassenden Radierzyklus zum gleichen Thema im Jahr darauf. In ihrer rhythmischen Serialität sind die radierten Blätter brutal, authentisch und einfühlsam zugleich. Das intime Format zwingt zur Nähe. Es entsteht eine Art vertraulicher Dialog zwischen abgebildetem Sujet und betrachtendem Subjekt. Auf berührende Art und Weise legt Rego hier Zeugnis von der mentalen Verfassung ihrer Protagonistinnen ab. In diesen Kontext sind weitere Arbeiten zu verorten, die sich mit dem Thema der weiblichen Genitalverstümmelung befassen: Radierungen wie „Circumcision“ und „Stitched and Bound“, beide aus dem Jahr 2009 und mit beeindruckenden Blattmaßen von je 120 x 110 cm, dokumentieren die konstante Beschäftigung der Künstlerin mit gesellschaftlichen Praktiken, durch die Frauen unterdrückt werden. In diesen schockierend befremdlichen Szenerien kommt Regos ausgeprägter Sinn fürs Makabre und ihre Fähigkeit, Horror mit Komik zu verbinden, zum Ausdruck.

Unermüdlich übersetzte Paula Rego die Abgründe der menschlichen Existenz in narrative Bildstrukturen, in denen Privates, Politisches und Soziales zu einem unverwechselbaren Mikrokosmos verwoben sind. Der Nachdruck und die Bestimmtheit, mit denen ihr Werk heute über Großbritannien und Portugal hinaus an öffentlicher Sichtbarkeit gewinnt, lassen sich vor allem auf die universelle Aussagefähigkeit ihrer expressiven figürlichen Bildsprache, die Vehemenz und Ausdruckskraft ihres bildnerischen Erzählvermögens und die Bedeutsamkeit der von ihr behandelten Inhalte zurückführen. In ihrer facettenreichen künstlerischen Produktion fokussierte Rego immer wieder Themen, die um Machtverhältnisse in familiären Konstellationen oder konfliktreiche Beziehungsstrukturen, um Gewalt, Schmerz, Tod, Sexualität und die gesellschaftliche Rolle der Frau kreisen. Unter Bezugnahme auf narrative Kontexte, die Volksmythen, Fabeln oder Märchen entstammen, aktivieren ihre Bilder – wundervoll und verstörend zugleich – das kollektive Gedächtnis und wecken tief im Individuum verwurzelte Kindheitserinnerungen. Paula Rego ist es gelungen, vielschichtige Fragen in einfachen visuellen Formeln zu verdichten, welche zwar die Qualität einer allgemeingültigen Lesbarkeit besitzen und dennoch subjektive Erfahrungen und intimste Situationen widerspiegeln.

Paula Rego (1935 Lissabon – 2022 London) studierte von 1952 bis 1956 an der Slade School of Art in London. Ab der zweiten Hälfte der 1950er Jahre lebte sie mit ihrem Mann und den gemeinsamen Kindern hauptsächlich in Ericeira (Portugal), bis die Familie 1975 nach London überseidelte. Sie erhielt zahlreiche Ehrendoktorwürden, u.a. 2005 von der Oxford University, 2011 von der Universidade de Lisboa und 2015 von der University of Cambridge (UK). 2010 wurde die Künstlerin von der britischen Königin zur „Dame Commander of the British Empire“ ernannt. Im Jahr 2009 wurde das ihr gewidmete Museum Casa das Historías Paula Rego in Cascais in der Nähe von Lissabon eröffnet. Ein größerer, aus Malereien und Stofffiguren bestehender Werkkomplex Regos war 2022 im zentralen Pavillon der 59. Biennale in Venedig ausgestellt. Am 8. Juni 2022 starb Paula Rego im Alter von 87 Jahren in London. Ihre Werke befinden sich in bedeutenden internationalen Museen im In- und Ausland.

Ausgewählte Einzelausstellungen: 2022 kestnergesellschaft, Hannover; 2022 Museo Picasso, Málaga; 2021/2022 Kunstmuseum Den Haag; 2021 Tate Britain, London; 2020 Irish Museum of Modern Art, Dublin; 2019/2020 Scottish National Galle-ry of Modern Art, (Edinburgh); 2018 Musée de l'Orangerie, Paris; 2013 Casa das Historías Paula Rego, Cascais (Portugal); 2012 Museu Calouste Gulbenkian, Lissabon 2008 National Museum of Woman in the Arts, Washington; 2007 Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofia, Madrid; 1997 Tate Gallery London; 1988 Serpentine Gallery, London u.v.a.

Vita

1935

Paula Rego wird in Lissabon geboren

1952—1956

Studium an der Slade School of Art, London

1956—1963

Lebt mit ihrem Ehemann, dem Maler Victor Willing, und ihren drei Kindern in Ericeira, Portugal

1962—1963

Stipendium der Gulbenkian-Stiftung in Lissabon

1976

Umzug nach London

1983

Gastprofessur für Malerei an der Slade School of Art

1990

Ernennung zur ersten ‘Associate Artist‘ der National Gallery in London

1992

Honorary Master of Art, Winchester School of Art

1999

Verleihung des Ehrendoktortitel der Universität St. Andrews und der Universität von Ostanglien

2000

Erhält Ehrendoktortitel von der Rhode Island School of Design, USA

2002

Verleihung der Ehrendoktorwürde des London Institute

2004

Verleihung des Ordens des heiligen Jakob vom Schwert durch den Präsidenten Portugals

2005

Produziert im Auftrag der Royal Mail eine Reihe von Jane-Eyre-Briefmarken Erhält den Ehrendoktortitel der Oxford University und der Roehampton University

2010

Ernennung zur Dame Commander of the Order of the British Empire durch die Königin des Vereinigten Königreichs für ihren Beitrag zur Kunst Gewinner des Premio Penagos de Dibujo, verliehen von der Fundación MAPFRE, Madrid

2011

Ehrendoktortitel der Universität Lissabon

2013

Ernennung zum Honorary Fellow am Murray Edwards College in Cambridge Erhält den Amadeo de Souza-Cardoso Preis des Museums Amadeo de Souza Cardoso in Amarante, Portugal

2015

Erhält einen Ehrendoktortitel von der Universität in Cambridge

2016

Verleihung der Ehrenmedaille der Stadt Lissabon

2017

Erhält den Maria Isabel Barreno-Preis

2019

Verleihung der Medaille für kulturelle Verdienste der portugiesischen Regierung Auszeichnung von der Zeitschrift Harper's Bazaar mit dem Lifetime Achievement

2022

Paula Rego stirbt am 8. Juni 2022 im Alter von 87 Jahren in London

Selected Solo Shows

2024

Machtspiele – Kunstmuseum Basel

2022

Paula Rego. There and back again – Kestner Gesellschaft, Hannover

Paula Rego. Fragmente einer Sprache des Körpers – Jahn und Jahn, München

2021

Paula Rego – Tate Britain, London

Paula Rego – Museum de Reede, Antwerpen

Paula Rego. An Enduring Journey – Cristea Roberts Gallery, London

2020

Paula Rego. The Scream of Imagination – MACNA Museu de Arte Contemporânea Nadir Afonso, Chaves

2019

Paula Rego. Obedience and Defiance – MK Gallery, Milton Keynes; Scottish National Gallery of Modern Art, Edinburgh; Irish Museum of Modern Art, Dublin

Giving Fear a Face – Centro de Arte Tomás y Valiente CEART, Madrid

Paula Rego. Writing Drawings, Staging Stories – Casa das Histórias Paula Rego, Cascais

Paula Rego. Looking in – Casa das Histórias Paula Rego, Cascais

2018

The Cruel Stories of Paula Rego – Musée de l’Orangerie, Paris

Paula Rego. From Mind to Hand. Drawings from 1980-2001 – Marlborough Fine Art, London

Paula Rego. Folktales and Fairy Tales – Casa das Histórias Paula Rego, Cascais, Portugal Paula Rego: The 80's – Casa das Histórias Paula Rego, Cascais

2017

There and Back Again. Paula Rego, Casa das Histórias Paula Rego, Cascais

Paula Rego. Depression Series – Marlborough Fine Art, London

Paula Rego. Secrets and Stories – Casa das Histórias Paula Rego, Cascais

Family Sayings. Paula Rego – La Virreina Centre de la Imatge, Barcelona

Paula Rego: The Boy Who Loved the Sea and Other Stories – Hastings Contemporary, Hastings

Paula Rego: The Sketchbooks – Pallant House, Chichester

2016

Old Meets New. Paula Rego – Casa das Histórias Paula Rego, Cascais

Paula Rego. Dancing Ostriches – Marlborough Fine Art, London

Paula Rego. On the Beach – Casa das Histórias Paula Rego, Cascais

2015

Paula Rego. Cousin Bazilio and Other Stories – Galería Marlborough, Madrid

The Poacher. Paula Rego – Casa das Histórias Paula Rego, Cascais

2014

Paula Rego. Fábulas Reales – Museo de Arte Contemporáneo, Gas Natural Fenosa, La Coruña

Paula Rego. The Last King of Portugal and Other Stories – Marlborough Fine Art, London

2013

Paula Rego. The Dame with the Goat’s Foot and Other Stories – Marlborough Fine Art, London

As Óperas e a colecção Casa das Histórias – Casa das Histórias Paula Rego, Cascais

2012

Paula Rego – Calouste Gulbenkian Museum, Lissabon

Paula Rego. Balzac and Other Stories – Marlborough Fine Art, London

Paula Rego. Mood/Humor – Casa das Histórias Paula Rego, Cascais

2011

Oratório – Casa das Histórias Paula Rego, Cascais

The Proles Wall Years – Casa das Histórias Paula Rego, Cascais

The Body Has More Elbows – Casa das Histórias Paula Rego, Cascais

2010

Paula Rego – Museum of Contemporary Art, Monterrey, Mexiko; Pinacoteca de São Paulo, Brasilien

Paula Rego. Oratório – Marlborough Fine Art, London

Paula Rego. The 70's - Folk Tales and Other Stories – Casa das Histórias Paula Rego, Cascais

2009

Paula Rego – Casa das Histórias Paula Rego, Cascais

2008

Human Cargo – Marlborough Chelsea, New York

Paula Rego. Rétrospective de l’oeuvre graphique – École supérieure des beaux-arts de Nîmes, Nîmes

2007

Paula Rego – Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofia, Madrid; National Museum of Women in the Arts, Washington D.C.

Paula Rego. Graven Images – Waterhall Gallery of Modern Art, Birmingham

Paula Rego. O Vinho, A series of Eight Lithographs – Marlborough Fine Art, London; Galería Marlborough, Madrid

2006

Paula Rego – Marlborough Fine Art, London

2005

Paula Rego. Printmaker – Talbot Rice Gallery, Edinburgh; Victoria Art Gallery, Bath; University Gallery, Northumbria University, Newcastle upon Tyne; Royal College of Art, London

2004

Paula Rego – Serralves Museum, Porto

Paula Rego – Tate Britain, London

2003

Paula Rego: Pendle Witches – Hebden Bridge Arts Festival, Linden Mill, North Yorkshire

Paula Rego. Jane Eyre and Other Stories – Marlborough Fine Art, London; Marlborough Chelsea, New York

2002

Paula Rego. Nursery Rhymes e Outras Gravuras (Nursery Rhymes and Other Prints) – Parque das Nações, Lissabon

2001

Paula Rego. Celestina’s House – Abbot Hall Art Gallery, Kendal; Yale Center for British Art, New Haven, Connecticut

2000

Paula Rego. Pendle Witches, Children’s Crusade and Drawings – Abbot Hall Art Gallery, Kendal

1999

Paula Rego. The Children's Crusade. A Suite of 12 Etchings – Marlborough Graphics, London

Paula Rego. O Crime do Padre Amaro (Paula Rego; The Crime of Father Amaro) – Calouste Gulbenkian Museum, Lissabon Open Secrets. Drawings and Etchings by Paula Rego – University Art Gallery, University of Massachusetts, Dartmouth; Centre Cultural Calouste Gulbenkian, Paris

Paula Rego. Nursery Rhymes – White Gallery, Brighton

1998

Paula Rego. The Sins of Father Amaro – Dulwich Picture Gallery, London

Paula Rego. Pendle Witches and Peter Pan – Midland Art Centre, Birmingham

Paula Rego. Pra Lá et Pra Cá – Galerie III, Lissabon

1997

Paula Rego – Tate Gallery, Liverpool; Fundação das Descobertas, Centro Cultural de Belém, Lissabon

1996

Paula Rego. Pendle Witches – Marlborough Graphics, London

1995

Paula Rego. Nursery Rhymes and Peter Pan – Annandale Galleries, Sydney; Charles Nodrum Gallery, Melbourne

1994

Paula Rego. Dog Women – Marlborough Fine Art, London

1992—1993

Paula Rego. Peter Pan and Other Stories – Marlborough Fine Art, London

1991

Paula Rego. Tales from the National Gallery – The National Gallery, London; Plymouth City Museum and Art Gallery, Plymouth; Whitworth Art Gallery, Manchester; Calouste Gulbenkian Museum, Lissabon

Paula Rego. Nursery Rhymes – British Council travelling exhibition in Europe

1988

Paula Rego – Calouste Gulbenkian Museum, Lissabon; Casa de Serralves, Oporto; Serpentine Gallery, London

1987

Paula Rego. Selected Work 1981-1986 – Aberystwyth Arts Centre, Wales und Vereinigtes Königreich Tour Edward Totah Gallery, London

1985

The Art Place, New York

1984

South Hill Park Arts Centre, Bracknell Midland Group, Nottingham

Edward Totah Gallery, London

1983

Arnolfini, Bristol

Galerie Espace, Amsterdam

1982

Edward Totah Gallery, London

1981

AIR Gallery, London

1978

Galeria III, Lissabon

1977

Módulo Centro Difusor da Arte, Oporto

1975

Módulo Centro Difusor da Arte, Lissabon

1974

Galeria da Emenda, Lissabon

1972

Galeria Alvarez, Porto

1971

Galeria São Mamede, Lissabon

1965

SNBA, Lissabon