

Eröffnung: Donnerstag, 13. März 2025, 18–21 Uhr
Das Hauptthema der aktuellen Ausstellung bei Jahn und Jahn in München sind Kugelvasen, flankiert von einigen Exemplaren aus der Reihe der Zylindervasen in Kombination mit der relativ neuen Form der hohen Bechervasen. Seit Beginn ihres keramischen Schaffens hat Young-Jae Lee sich mit Kugelvasen beschäftigt. Die anfänglich gedrungenen Formen verbanden sich eher mit ihrem Untergrund, sie waren fest geerdet. Mit der Zeit gewannen sie an Weite und Höhe, strebten dem luftgefüllten Raum entgegen. Dabei verloren sie nicht an Festigkeit, vielmehr demonstrierten sie die spannungsreiche vertikale Ausdehnung zwischen dem Unten und dem Oben. Der Raum ist bei diesen Vasen vertikal durchmessen, aber es geht Young-Jae Lee immer auch um die Weite, die horizontale Ausdehnung. Der Raum wird von der Kontur nach außen markiert und nach innen durch das Volumen eingeschlossen. Das rationale Konzept, die beiden Dimensionen aufeinander zu beziehen, ist die geistige Ausgangslage. Das fertige Objekt ist ein sinnliches Moment. Dazwischen liegt das Entstehen der Form durch die handwerkliche Arbeit des Drehens. Das sich Weiten ist eine Freude der Hand, hingegen das sich wieder Schließen ist Arbeit, ist berechnende Führung der Hand nach innen. Ein wesentliches Moment der Gestaltung ist dadurch entschieden, mit welcher Kurve die Schulterpartie eingezogen ist. Genaugenommen folgt der Gefäßabschluss, eine Andeutung eines Halsabschlusses, dieser Kurve nach innen. Nur selten ist ein sanfter Schwung nach oben oder gar außen angelegt. Wie Kenner von Young-Jae Lees Kugelvasen wissen, sind diese zu einem Teil auch aus zwei Schalen zusammengesetzt. Auch hier gilt die Spannung „Außen und Innen“, von sich Weiten und sich Schließen. Hierbei sind es zwei in sich stimmende Formen, die Schale und ihr „Deckel“. Es sind zwei für sich getrennte, abgeschlossene Entstehungsweisen und deshalb eine Unterbrechung, die erst durch das Montieren aufgehoben wird.
Die gestreckten Vasenformen und die sogenannten zylindrischen Vasen haben eine lange Geschichte in Young-Jae Lees Keramikschaffen. Sie waren für eine Zeit lang Hauptthema und durchlaufen Form-Metamorphosen in Größe, Bewegung, Purismus und der malerischen Ausschmückung.
Als relativ neue Serie schließlich stehen die großen Bechervasen. Man erinnere sich an die großen Kelche, die Young-Jae Lee einst für die Abendmahlfeier in St. Peter in Köln geschaffen hat, und man erinnere die kelchförmigen Schalen. Die Bechervasen sind eine Synthese dieser beiden Typen. Hier sind die Verhältnisse Fuß, Weitung und Höhe des Gefäßkörpers aufs Äußerste ausgereizt. Sie sind dennoch stabil. Sie sind wie die kleineren und mittleren Zylindervasen umstandslos zu benutzen. Man stelle sich einen üppigen Blumenstrauß vor oder einen Zweig, der mit hochgestreckter offener Verästelung noch einmal mehr den in die Breite weisenden Raum der Vase betont. Aber auch ohne Funktion behaupten sich diese Bechervasen wie eine Skulptur.
Young-Jae Lee kam, nachdem sie von 1968 bis 1972 an der Hochschule für Kunsterziehung in Seoul (Südkorea) studiert hatte, 1972 nach Deutschland, um ihre Studien bei der Keramikerin Christine Tappermann und von 1973 bis 1978 an der Fachhochschule in Wiesbaden in den Fächern Keramik bei Margot Münster und Formgestaltung bei Erwin Schutzbach fortzusetzen. Nebenbei absolvierte sie 1976/77 ein Praktikum bei Ralf Busz. Ihre erste Werkstatt eröffnete sie 1978 in Sandhausen bei Heidelberg. Von 1984 an war sie künstlerisch-wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Gesamthochschule in Kassel (heute Universität Kassel), bis sie 1987 die Keramische Werkstatt Margaretenhöhe in Essen übernahm. Neben ihren Einzelstücken, den Schalen und Vasen, entwickelte sie ein umfangreiches Geschirrprogramm, das sich in Formen und vor allem in Farben vielfältig nach individuellem Gusto und Bedarf kombinieren lässt. Young-Jae Lee ist mit Ausstellungen in Museen und Galerien in Europa, Amerika, Südkorea und Japan präsent. Seit 1988 finden regelmäßig Ausstellungen zunächst in der Galerie von Fred Jahn, heute bei Jahn und Jahn sowohl mit Young-Jae Lees Einzelstücken als auch mit Teekeramik und der Geschirr-Produktion der Keramischen Werkstatt Margaretenhöhe statt.
Gisela Jahn
Auszeichnungen und Ehrungen: 2016 Ehrendoktorwürde der Eugeniusz-Geppert-Akademie der Schönen Künste in Breslau, Polen; 2015 Gastprofessur an der Abteilung für Keramik an es Kollegs für Kunst und Design an der EWHA Womans University in Seoul; 2005 Hessischer Staatspreis an die Keramische Werkstatt Margaretenhöhe; 2001 Bayerischer Staatspreis für Gestaltung an die Keramische Werkstatt Margaretenhöhe; 2001 Dießener Keramikpreis; 1997 Hessischer Staatspreis (Erster Preis an die Keramische Werkstatt Margaretenhöhe); 1989 Goldmedaille des Bayerischen Staatspreises; 1981 Erster Preis des Richard-Bampi-Preises zur Förderung junger Keramiker, Osnabrück; 1980 Erster Preis der Frechener Kulturstiftung.
Ausgewählte Ausstellungen: 2024 Hetjens Museum, Düsseldorf; 2023 Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg; 2022 Jahn und Jahn, München; 2021 Galerie Karsten Greve, St. Moritz; 2020 & 2018 Galerie Karsten Greve, Köln; 2019 Museum Folkwang, Essen; 2019 Dommuseum Hildesheim, Hildesheim; 2019 Mischanlage der Kokerei UNESCO Weltkulturerbe Zollverein, Essen; 2019 GMA Ha Jung-woong Museum of Art, Sangmu-daero, Seo-gu, Kwangju, Südkorea; 2018 Korean Cultural Center Brussels, Brüssel; 2018 Galerie Karsten Greve, Paris; 2017 Diözesanmuseums Freising; 2017 Hochschule für Bildende Künste, Dresden; 2016 Pucker Gallery, Boston, MA, USA; 2016 Galerie Jahn, München; 2016 Museum of Architecture, Breslau; 2016 Manggha Museum of Japanese Art and Technology, Krakau; 2016 MAK Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien; 2014 Galerie Fred Jahn, München; 2014 Lippische Gesellschaft für Kunst e.V., Schloss Detmold, Detmold; 2013 Emil-Schumacher-Museum, Hagen; 2011 Museum für Asiatische Kunst, Berlin; 2010 Kunstverein Heinsberg; 2010 Hyundai Gallery, Seoul; 2008 Pinakothek der Moderne, München, 2007 Galerie Elmar Weinmayr, Tokyo; 2006 Pinakothek der Moderne, München; 2004 Museum Morsbroich, Leverkusen; 2002 Kunststation St. Peter, Köln, 1996 Museum für Ostasiatische Kunst, Berlin & Köln.