Totenkopf, Fischgräte, Säule, Hemd, Stuhl, Hand: In seinen neuesten Malereien und Papierarbeiten fokussiert sich Thomas Arnolds auf singuläre Motive, die von Memento-mori-Symbolen über einzelne Körperstudien und Alltagsgegenstände bis hin zu Architekturelementen reichen. Der Künstler selbst sieht in der Wahl dieser klassischen Sujets, wie sie vielfach in der Kunstgeschichte auftreten, eine Verbindung von „beseelten und unbeseelten Malvokabeln“, die er mit bildnerischen Mitteln neu interpretiert. Während er in seinen Papierarbeiten ausschließlich schwarze Ölkreide verwendet, beschränkt sich Arnolds in den quadratischen Gemälden auf die Grundfarben Gelb und Rot, die in Kombination mit der Nichtfarbe Weiß eine Trias bilden. Auffällig ist die visuelle Zwei- bzw. Dreiteilung der Werke: Anders als der in Rot gehaltene, figürliche linke Teil ist die rechte Seite auf eine monochrome gelbe Farbfläche reduziert. Kompositorisch wird das Bild im unteren linken Bereich durch die ausgesparte grundierte Leinwand in Form eines weißen Balkens komplettiert, den Arnolds metaphorisch als „Wolke des Nichtwissens“ bezeichnet. Streng-geometrische, statische Bildbereiche werden mit bewegten, organischen Elementen kontrastiert. Dichte trifft auf Leere, Linie auf Fläche, Zeichnung auf Malerei, die scharfe hard-edge-typische Begrenzung in Form und Farbe auf das Frei-Spielerische, Gestische. Die Farben sind nicht nur direkt und unmittelbar, sondern im Unterschied zu den dicken Farbsträngen früherer Werke flach aufgetragen, so dass eine glatte Oberfläche entsteht. Während der jeweils unterschiedlich breit ausgearbeitete gelbe Balken opak erscheint und wie ein Vorhang den Blick in die Tiefe rigoros blockiert, wirkt der figürliche Teil diffuser. Nicht zuletzt aufgrund ihrer Farbgebung erinnern die in der linken Bildhälfte dargestellten Motive möglicherweise an Rötelzeichnungen – ebenso wie sie wegen ihrer körnigen Optik an fotografische Effekte oder Siebdruck-Verfahren denken lassen. Darüber hinaus setzt sich Arnolds bei der Umsetzung seiner figürlichen Sujets mit der Grundidee des „disegno“ auseinander, wie sie in der Renaissance geprägt wurde: „Das disegno, das man mit anderen Worten auch Entwerfen nennt, ist Quelle und Inbegriff der Malerei, der Bildhauerei, der Architektur und jeder anderen Art des Malens“ (Michelangelo, 1538).
Die Malerei selbst steht immer im Mittelpunkt von Arnolds‘ künstlerischem Schaffen, in dem Farbe, Materialität, Inhalt und Form von zentraler Bedeutung sind. Dabei lotet der Künstler die für ihn relevanten Fragen seriell aus, wodurch er Gestaltungsprinzipien, Bildstrukturen und Themen hinterfragen und weiterentwickeln kann. So wird in der Ausstellung bei Jahn und Jahn ein neuer Werkblock vorgestellt, der sowohl motivisch als auch technisch eine künstlerische Neuorientierung widerspiegelt und gleichzeitig eine Fortsetzung seiner „RUN“-Serie darstellt, die aus dem Werkkomplex „Spazieren“ hervorgegangen ist: als Progression einer „neuen Geschwindigkeitsstufe“, wie Arnolds konstatiert. Wiederholung und Varianz, Originalität und Differenz, Rhythmus und Selbstreferenzialität tragen in seiner Untersuchung malerischer Prozesse zweifelsohne zu vielschichtigen Bildformulierungen bei.
Thomas Arnolds (geboren 1975 in Geilenkirchen, lebt und arbeitet in Köln) absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Steinmetz und Bildhauer, bevor er bei Walter Dahn an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig studierte. Neben Soloschauen im Kunstverein Reutlingen oder im Leopold-Hoesch-Museum in Düren wurden Arbeiten des Künstlers international gezeigt, darunter in Peking, Los Angeles, Beirut und Dubai. Sein Werk befindet sich in renommierten Sammlungen wie dem Kunstmuseum Bonn, dem Leopold-Hoesch-Museum, Düren, und dem Rotterdamer Museum Boijmans van Beuningen, wo Arnolds bereits ausstellte. 2022 folgt eine Schau mit Imi Knoebel in der Friedrichs Foundation Weidingen.