In Zusammenarbeit mit David Nolan Gallery New York City und Schönewald Fine Arts Düsseldorf
Diese Ausstellung ist eine hochkarätig bestückte Accrochage von Zeichnungen zehn bedeutender amerikanischer Maler und Bildhauer nach 1950. Sie soll aus Anlass des 80.Geburtstags von Fred Jahn einen der Schwerpunkte von dessen jahrzehntelanger Galerietätigkeit beleuchten und nicht zuletzt Ausstellungen in Erinnerung rufen, die das Publikum nachhaltig prägten, sowie zahlreiche Sammler inspirierten. Bis zum heutigen Tag hegt Fred Jahn eine besondere Liebe zur Gattung der Zeichnung, welche ihre Geheimnisse im meist intimen Maß der Hand eher verbirgt. Sie aufzuspüren und mit Begeisterung zu vermitteln war stets eines seiner zentralen Anliegen.
Unter den hier vertretenen Künstlern sind es Andy Warhol und Fred Sandback, mit denen sich Jahn schon in seiner frühen Zeit als Mitarbeiter der Galerie von Heiner Friedrich seit 1969 beschäftigte. Sandback begegnete er dort erstmals persönlich und kuratierte eine Ausstellung, der in späteren Jahren in der eigenen Galerie seit 1978 zahlreiche weitere folgen sollten. Das sinnliche Potential der lapidaren Raumvermessungen dieses Künstlers, in welchen er die Zeichenfläche als autonomen Raum entdeckte und der Linie ungeahnte Dimensionen der Entfaltung ermöglichte, hat den Galeristen von Anbeginn fasziniert.
Papierarbeiten von Andy Warhol wie von Paul Thek waren in der Galerie immer wieder präsent, auch wenn sie über die Jahre nicht zum Kernprogramm zählten.
Der 1904 geborene Willem de Kooning ist der Nestor unter den in dieser Schau versammelten Künstlern. Ihm folgen die zwanzig Jahre jüngeren Richard Artschwager und James Bishop, der Lyriker unter den amerikanischen Malern. Kein Gegensatz wäre diametraler denkbar als der zwischen dem fieberhaft expressiven Linienduktus de Koonings und Bishops atmosphärischem Sfumato, jener lautlos- meditativen Versunkenheit, die seinen Papierminiaturen die unvergleichlich komplexe bildräumliche Vieldeutigkeit verleiht. Daneben Artschwager, der sich selbst einen „nicht nur versteckten, sondern offenkundigen Romantiker“ nannte und die Zeichnung als „zugleich dem Alltäglichen und dem Transzendentalen“ dienend charakterisierte.
Zu den von Fred Jahn seit den Achtzigerjahren wiederholt gezeigten Künstlern zählt Carroll Dunham. Sein hybrides, permanent auf Natur, auf die Mutation von Organischem - immer wieder auch sexuell - anspielende Formenarsenal scheint sich in einem fortwährenden Prozess der Verwandlung zu befinden. Auch bei dem gleichaltrigen Terry Winters spielt das Organische, die biomorphe Verflechtung eine prägende Rolle: das Schöpferische als Projektion des vitalen Wachstumsprozesses der Natur. Winters vermag seine spekulative Phantasie in streng vernetzte Bildorganismen zu überführen, wobei ein ausgeprägter Sinn für Struktur, Muster und System zu Tage tritt. Durchgehend eignet seinen Arbeiten eine imaginäre Räumlichkeit, welche der Künstler als primäre Energiequelle bezeichnet.
Dies gilt nicht in vergleichbarem Maß für den Bildhauer Barry Le Va, dessen Denken als Zeichner eher als diagrammatisch zu charakterisieren ist. Le Va hatte während der Neunzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts eine Art zweite künstlerische Heimat in München gefunden. Sein enges Zusammenwirken mit Fred Jahn ließ in dieser Zeit künstlerisch bedeutende zeichnerische wie druckgraphische Projekte entstehen. Die nahe Verbindung von Mathematik und Sinnlichkeit, von Kalkül und Emotion machen Le Vas Arbeiten auf Papier im Panorama der amerikanischen Zeichnung seiner Generation einzigartig. Jahns unablässiges Eintreten für seine Kunst hat dessen hohe internationale Wertschätzung bei Museen und Sammlern entscheidend befördert.
Schließlich der viel zu früh verstorbene Al Taylor: neben seinen dreidimensionalen Arbeiten schuf er eine Fülle an Zeichnungen, die Fred Jahn seit den Neunzigerjahren in vielen Ausstellungen zeigte. Taylors artistische Lust entzündete sich meist an der Beobachtung banaler Gegenstände oder kurioser Situationen. So hat er die nichtigsten Anlässe immer wieder zum Vehikel für überaus „ernsthafte“ Untersuchungen werden lassen. Regelbrüche und Überschreitungen dienten ihm dazu, etwas zu erfahren, das er so nicht erwartet hatte. Die Momente von Zeit und Zufall spielten in Taylors Vorstellung eine prägende Rolle, transitorische, sich selbst generierende Vorgänge, welche die Manipulation und Beweglichkeit unterschiedlicher Aggregatszustände miteinschlossen. Taylor liebte das Subversive, die unterschwellig ironische Brechung, jene so besondere Mischung aus Ernst und Leichtigkeit. Kaum ein zweiter Zeichner aus seinem Umfeld – vielleicht William Copley ausgenommen – kann den Betrachter in vergleichbarer Weise erheitern.
Michael Semff