

















Ausstellungsansicht Jahn und Jahn München, 2024
Ausstellungsansicht Jahn und Jahn München, 2024
Ausstellungsansicht Jahn und Jahn München, 2024
Ausstellungsansicht Jahn und Jahn München, 2024
Ausstellungsansicht Jahn und Jahn München, 2024
Ausstellungsansicht Jahn und Jahn München, 2024
Ausstellungsansicht Jahn und Jahn München, 2024
Ausstellungsansicht Jahn und Jahn München, 2024
Ausstellungsansicht Jahn und Jahn München, 2024
Die vierte Einzelausstellung von Lutz Braun in den Räumen der Galerie Jahn und Jahn in München zeigt eine umfangreiche Werkschau seiner Malerei. Präsentiert werden Arbeiten unterschiedlichen Formats, ausgeführt auf klassischen Malgründen (Leinwand) und gefundenen Materialien (z.B. Decken und Teppiche). Parallel zur Ausstellung erscheint nach einem ersten Band (Lutz Braun. Arbeiten auf Papier, Buchpräsentation Jahn und Jahn, Oktober 2021) der zweite, der Malerei gewidmete Katalog Lutz Braun. Abstrakter Realismus. Malerei 1998-2023. In einem beigefügten Interview äußert sich Lutz Braun ausführlich zu seiner Arbeit:
(Auszüge Gespräch mit Lutz Braun, Juli 2023, in: Lutz Braun. Abstrakter Realismus. Malerei 1998–2023, Köln 2024, S.207–211)
„Um 1997 habe ich begonnen, Fragmente alter Möbel als Träger für meine Bilder zu verwenden. Die waren in Frankfurt am Main, wo ich damals lebte, leicht zu finden. Die Oberflächenstrukturen oder Muster dieser Gegenstände und Materialien suggerierten ein beinahe literarisches Narrativ.”
„Ich habe meine Bilder oft nicht weiß grundiert, sodass sie das Licht aufsaugen, während das Papier es reflektiert und heller erscheint. Die Malerei wurde zu einem stärker aufgeladenen Medium unter der Last der Kunstgeschichte und den Dingen, die ich unbedingt sagen wollte, oder emotionaler Zustände. Aber ich habe versucht, diese selbst auferlegten Grenzen zu überwinden, und als meine Arbeit sich weiterentwickelte, bin ich zu helleren Untergründen und leuchtenderen Farben übergegangen. Gleichzeitig hat sich die Thematik verlagert, weg von der Introspektion, hin zu Gesellschaftstheorie, Geschichte und politischen Themen.”
„Ich suchte nach Möglichkeiten, meinen kreativen Prozess zu befreien und habe daher versucht, so viele kontextuelle Faktoren wie möglich auszuschließen, wie zum Beispiel die Kunstgeschichte oder sogar die Geschichte allgemein. Aber als ein Mittel der Orientierung, im formalen Sinne, habe ich immer den Bilderrahmen – manchmal zwar nicht in rechteckiger Form – beibehalten, um die Grundlage für einen malerischen Prozess zu schaffen. Sobald eine Komposition innerhalb eines gegebenen Rahmens stimmig erschien, war ein Bild fertig, auch wenn die Erzählung noch unklar war. […]: Man würde sicherlich sowohl eine kontinuierliche Entwicklung als auch Serien in Thema, Technik und Komposition erkennen, wenn die Arbeiten mit einem Datum versehen wären.”
„Ich habe versucht eine chronologische Entwicklung zu verbergen. Das erlaubte mir, mit der Vorstellung des Betrachters von meiner Person zu spielen und zu suggerieren, dass in der Malerei eine andere Auffassung von Zeit möglich ist. Als ob meine Bilder auf einmal da wären oder schon immer da gewesen wären, bevor sie vom Künstler entdeckt wurden.”
„Auf einer formalen Ebene ist jedes Bild eine Reflexion von Krise, Fortschritt und Scheitern, aber ich rufe dazu auf, sich politische Themen zu eigen zu machen, um den gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen, den wir so dringend brauchen. In der Malerei, wie in aller Kunst, können wir uns eine Gesellschaft vorstellen, die in sozialer Gleichheit und ökologischer Stabilität gedeiht, genauso wie wir in der Kunst die soziale und ökologische Zerstörung, die kapitalistische Strukturen mit sich bringen, scharf kritisieren können.”
„Mein Bild Aufklärung, zum Beispiel, zeigt einen Wolf in Hose und Hemd, der eine Laterne hält. […]. Er sieht eigentlich ein bisschen aus wie ein Schaf...ein Wolf im Schafspelz. Das Sonnenlicht beleuchtet den Wolf und verrät seine Kostümierung. Aber er beansprucht, eine Stimme der Wahrheit zu sein, indem er seine eigene Lichtquelle besitzt.”
„In den letzten zehn Jahren habe ich angefangen, mehr an das politische und soziale Leben zu denken, […]. Und das hat sich allmählich in den Arbeiten niedergeschlagen. Dennoch habe ich mir mein einsames Feld der Imagination bewahrt: eine Gestalt, die durch eine karge Landschaft geht; architektonische Ruinen oder ein ausgebeuteter Wald; Porträts mit düsterem Gesichtsausdruck; Leichen oder Knochen; Tierkadaver. Aber es gibt auch hoffnungsvollere Bilder, wie spielende Kinder, sich küssende Paare, wucherndes Unkraut, üppige Bäume und Gärten, Regen und fließende Gewässer, lebende Tiere, machmal recht niedlich. Wut und Gewalt sind oft so artikuliert, als ob sie auf radikalen Wandel abzielen, also auch nicht ohne Hoffnung.” „Meine Idee des ‚Abstrakten Realismus’ kam vor mehr als zwanzig Jahren auf, als ich glaubte, dass Abstraktion eine höhere intellektuelle Form der Malerei und der Realismus eine Nachahmung der Natur sei. Später fand ich, dass diese beiden Möglichkeiten als ein und dasselbe betrachtet werden können. Die zweidimensionale Darstellung der Natur beinhaltet ‚Übersetzung’. Daher ist Malerei immer abstrakt und realistisch zugleich, denn sie schafft ein Konzept der Existenz, das als ‚realistisch’ bezeichnet werden kann, aber nur, wenn es als gültig akzeptiert wird und sich durchgesetzt hat.”
Lutz Braun, geb. 1976 in Schleswig, lebt und arbeitet in Berlin. 1998–2003 Studium Städelschule Frankfurt am Main (bei Thomas Bayrle, Per Kirkeby, Leni Hoffmann, Ayşe Erkmen); 2017/2018 Vertretungsprofessur für Zeichnen, Akademie der Bildenden Künste, Karlsruhe; 2023 Professur für Malerei, Hochschule für Bildende Künste, Braunschweig; Förderungen/Residencies: 2006 Residency Tong Zhou Art District, Peking/Beijing; 2010 Residency Lenikus Stiftung, Wien; 2011, 2013, 2016 Residency Centro Cultural de Andratx, Mallorca; 2020/21 Stipendium Stiftung Kunstfonds Neustart Kultur (1. Auflage); 2022 Stipendium Stiftung Kunstfonds Neustart Kultur (2. Auflage); 2023 Stipendium Kunstfonds Neustart Kultur Plus. Ausgewählte Einzelausstellungen: 2023 und 2021 Galerie Nagel Draxler, Berlin; 2020 project space SP2, Berlin; 2020 Tilde, Amsterdam (mit Sara Milio/Laure Prouvost); 2019 Galerie Jahn und Jahn, München; 2019 Galerie Sima, Nürnberg; 2018 Galerie Jacky Strenz, Frankfurt am Main; 2018 New Positions, Art Cologne, Köln; 2016 Galerie Jahn Baaderstraße, München; 2016 Galerie Nagel Draxler, Köln; 2014 Galerie Goldnuß, Bogen (mit Isabelle Fein); 2013 Galerie Jahn Baaderstraße, München; 2013 Kunstraum München (mit Ioan Grosu); 2013 Galerie Nagel Draxler, Berlin; 2012 ACME, Los Angeles; 2009 Blanket Gallery, Vancouver; 2009 After the Butcher, Berlin (mit Michael Moos); 2008 Galerie Christian Nagel, Berlin; 2007 Random Gallery, Air de Paris/Praz-Delavallade, Paris; 2006 CourtYard Gallery Annex, Peking/Beijing (mit Thomas Schroeren, Klaus Winichner); 2006 Galerie Christian Nagel, Köln; 2005 ACME, Los Angeles (mit Kai Althoff); 2004 Galerie Antik, Berlin; 2003 Autocenter Berlin; 2002 Lola Montez, Frankfurt am Main; 2002 Menschenraum, Berlin. Ausgewählte Gruppenausstellungen: 2019 Die Zukunft der SPD, Zwinger Galerie, Berlin; 2017 Welche Zeit, sagte sie, dachte er, Kunstverein Wilhemshöhe, Ettlingen; 2016 Der Zeit angemessen begegnen, Oldenburger Kunstverein; 2013 Apokalytik als Widerstand, Sammlung Tom Biber, Armeemuseum Ingolstadt; 2013 Painting Forever! KEILRAHMEN; KW – Institute for Contemporary Art, Berlin; 2011 Der Abstrakter Realismus, Galerie Jahn Baaderstraße, München; 2011 Captain Pamphile, Sammlung Falckenberg, Hamburg; 2009 Crotla Presents, Lothringer 13, München; 2008 5000 Jahre Moderne Kunst. Painting, Smoking, Eating, Villa Merkel, Esslingen; 2006 Von Mäusen und Menschen, 4. Berlin Biennale; 2003 Albert Schweizer spielt Bach, Linienstraße, Berlin.