Subtile Spuren und kraftvolle Farbmarkierungen begegnen sich auf weißem Malgrund. Der Blick durch die semi-transparente Gaze, die organisch den Galerieraum durchzieht und eine neue Raumstruktur erschafft, verändert die Sichtweise auf das Dargestellte. Julius Heinemann beschränkt sich nicht nur auf das klassische Format des Gemäldes, sondern begreift den gesamten Ausstellungsort als Erfahrungsraum, der sich durch die Malerei erschließen lässt. Die einzelnen Bilder werden dabei individuell im Kopf generiert – Fragmente verknüpfen sich zu einer subjektiven Empfindung im Hier und Jetzt.
Heinemanns Malerei, die eng mit den Seherfahrungen des Alltags verbunden ist, entsteht intuitiv und prozessbasierend. Sie kreist um das Unbewusste wie Unterbewusste, das Ephemere wie Instabile, ist Beobachtung und Ausdruck in einem. Der malerische Vorgang gestaltet sich grundsätzlich offen und investigativ. Wie in der Konkreten Poesie wird die Malerei selbst zum Zweck und Gegenstand der Auseinandersetzung – die Malerei stellt sich selbst dar. Neben Farbe, Form und Materialität erweist sich die räumliche Dimension als wichtiger Parameter in der physischen Erfahrbarkeit der Arbeiten. Heinemann versteht seine Tableaus als Wandfragmente und – mit ihren weißen Leerstellen – zugleich als Referenz an den White Cube. Sie sind Bildträger und dienen zudem als strukturelles Element, das sich immer in Relation zu seinem Umraum und den aktuellen Lichtbedingungen definiert. Durch Rauminterventionen überführt Heinemann die Malerei vom Bild in den Raum und verwischt so die Grenzen zwischen dem Imaginierten und Realen, dem Abstrakten und Konkreten. Nicht zuletzt deutet der Titel „Double Exposure“ auf die vielfach vorhandenen Überlagerungen und Perspektivwechsel hin.
Julius Heinemann (geb. 1984 in München, lebt und arbeitet in Berlin) studierte Fotografie an der Folkwang Universität der Künste, Essen, sowie an der HGB Leipzig, bevor er sich am Royal College of Art in London intensiv mit Bildhauerei befasste. Nach verschiedenen Künstlerresidenzen, darunter in São Paulo, war der Künstler von 2017 bis 2018 Stipendiat an der Jan van Eyck Academy in Maastricht. Heinemann hat sein Werk sowohl deutschlandweit als auch international in Städten wie London, Bogotá, Mexiko-Stadt oder Antwerpen ausgestellt.